Peter Maffay

Der zweite Teil der „Erinnerungen“-Zusammenstellungen gräbt noch tiefer als der erste und fördert dabei echte Perlen im Peter-Maffay-Katalog zutage. 

Kurz bevor Peter Maffays Konzertveranstalter die bereits begonnene Hallentour eh wegen der Corona-Krise hätte absagen müssen, machte das Schicksal dem Künstler und seiner Band bereits einen Strich durch die Rechnung. Bassist Ken Taylor stürzte bei einem Soundcheck von der Bühne und zog sich einen Oberschenkelbruch zu. Zwar konnte Multi-Instrumentalist Pascal Kravetz, der eigentlich Keyboards in der Maffay-Band spielt, für einige Shows am Bass aushelfen, doch dann musste Kravetz wegen einer anderen Erkrankung selbst ins Krankenhaus.

Bevor es irgendwann mit der Tour hoffentlich weitergeht, erscheint mit “Erinnerungen II“ eine neue Zusammenstellung von Balladen, die helfen könnte, die Wartezeit etwas zu verkürzen. Zwei Jahre nach dem ersten, inzwischen Gold-prämierten Teil bietet auch die neue Kollektion liebevoll ausgesuchte Stücke. Wie schon das erste “Erinnerungen“-Album ist auch Folge zwei ganz bewusst kein Best Of, sondern eine Fundgrube für all jene Gänsehaut-Songs, die schon immer einen großen Teil der künstlerischen Persönlichkeit Maffays ausmachten, nicht zuletzt weil diese ruhigen, berührenden Titel seine Stimme noch klarer in den Vordergrund stellen.

Für “Erinnerungen II“ haben Maffay und sein Team nun noch tiefer gegraben als für dem ersten Teil. Unter den 17 ausgewählten Stücken finden sich Lieder, die nicht unbedingt Single-Hits waren oder häufig im Radio gespielt wurden, aber eben doch echte Perlen im reichhaltigen Song-Katalog des Sängers sind, der im vergangenen Jahr 70 Jahre alt wurde und sein 50-jähriges Branchenjubiläum feierte.

Der Schwerpunkt bei “Erinnerungen II“ liegt auf Titeln aus den vergangenen 20 Jahren. Mit dem wunderschönen “Du hattest keine Tränen mehr“ (aus dem “Steppenwolf“-Album von 1979) und dem eindringlichen “Wo steht das geschrieben?“ (aus “Meine Freiheit“ von 1975) sind nur zwei Lieder aus den 70ern dabei, auch die 80er- und 90er-Jahre sind nur jeweils zweimal vertreten – ein Beleg dafür, dass Peter Maffay gerade mit seinen jüngsten Alben von “X“ über “Laut und leise“, “Ewig“ und “Wenn das so ist“ bis hin zum aktuellen Werk “Jetzt!“ in puncto Songwriting, Sounds und Arrangements völlig zu sich gefunden hat.

Das unterstreichen dann auch die gewählten Titel jener Alben. Das gilt etwa für das hymnische “In dir ist immer noch ein Licht“, das beinahe bluesige “Weck mich nicht auf“ oder das still groovende “Die Geister, die ich rief“. Auch die übrigen Titel machen deutlich, dass man musikalisch unter dem Begriff “Ballade“ nicht ausschließlich Songs mit akustischen Gitarren, Piano oder Streichern verstehen muss. So setzt bisweilen ein Schlagzeug Akzente, auch die E-Gitarren durften ab und an ausgepackt werden. Und auf “Frag’ nicht warum“ (aus “Freunde & Propheten“ von 1992) gibt es gar jazzige Anklänge.

Auf diese Weist ist “Erinnerungen II“ im Vergleich mit Teil eins, der vielleicht ein paar bekanntere Songs mehr enthält, noch stärker ein Sprungbrett, um auf (Wieder)-Entdeckungsreise zu gehen und einige der schönsten Maffay-Songs ganz neu in einem anderen Kontext zu hören.